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Maritime Konferenzen: Häfen gehen wie immer leer aus

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Außer Spesen nichts gewesen, das ist das Fazit, das die Seehäfen Schleswig-Holsteins nach inzwischen vier Nationalen Maritimen Konferenzen ziehen müssen. „Außer Versprechungen und Absichtserklärungen ist bisher für die Häfen wenig passiert“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Hafenverbandes Schleswig-Holstein e.V. (HVSH), Manfred Evers. Man überlege inzwischen, ob es für die Häfen Schleswig-Holsteins überhaupt noch sinnvoll sei, an der nächsten Konferenz im kommenden Jahr teilzunehmen…Die seit dem Jahr 2000 jährlich stattfindende Nationale Maritime Konferenz wurde gegründet, um die gesamte Wertschöpfungskette der maritimen Wirtschaft sowohl im Infrastrukturbereich als auch ordnungspolitisch optimal zu fördern. Mit im Boot sitzen neben den Häfen auch der Schiffbau, die Reeder sowie die Sicherheit, die Umweltaspekte und die Nachwuchs-Förderung der gesamten Branche. Auf der ersten Maritimen Konferenz in Emden stellte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Leitlinien der Bundesregierung zur Förderung der maritimen Wirtschaft vor. Es wurde festgestellt, dass nur das optimale Zusammenwirken der logistischen Dienstleister (Reeder Spediteure, Schiene, Straße, Wasserstraße) sowie des industriellen Bereichs (vom Zulieferer bis zum fertigen Schiff) Deutschlands internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Wertschöpfungsketten sichern können.

Manfred Evers: „Werften und Reeder haben inzwischen deutliche Förderungen erfahren. Der HVSH begrüßt außerordentlich, dass für sie unterschiedliche ordnungspolitische Anpassungen umgesetzt wurden.“ Die Werften wurden beispielsweise mit Schiffbau-Beihilfen, Bürgschafts- und Festzinssystemen gestärkt. Für die Reeder wurden Maßnahmen zur Senkung der Betriebskosten von Schiffen unter deutscher Flagge (Tonnagesteuer, Lohnsteuereinbehalt, Sozialversicherungsfreistellung für EU-Drittpersonal und die Erhöhung der Lohnkostenzuschüsse) zügig umgesetzt. Aber für die Häfen insgesamt und für die Häfen in Schleswig-Holstein wurde bislang nichts getan. Unsere Enttäuschung darüber ist groß.“

Schon seit der ersten Nationalen Maritimen Konferenz weisen die Häfen darauf hin, dass auch für sie dringender ordnungspolitischer Anpassungsbedarf zur Herstellung international gleicher Wettbewerbsbedingungen besteht. Während z. B. Belgien und die Niederlande alle EU-Richtlinien zur Förderung ihrer Häfen und Hinterlandverkehre konsequent ausnutzen, und so zum Beispiel die Trassenpreise beim Bahntransport und die Mindestbesteuerung für Mineralöle im Hafenumschlag niedrig halten, finden diese Rechtsgrundlagen in Deutschland bislang keine Anwendung. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass die Niederlande und Belgien die Richtlinie 92/82/EWG anwenden und dort die Mindestbesteuerung für Mineralöl im Hafenumschlag bei 1,8 Cent pro Liter liegt. In Deutschland wird diese Richtlinie nicht angewendet, pro Liter müssen 47 Cent Steuern abgeführt werden. Manfred Evers: „Die Bundesregierung könnte diese Wettbewerbsverzerrung augenblicklich aufheben, hält dies aber offenbar nicht für notwendig. Stattdessen verteuert die LKW-Maut den deutschen Hafen-Hinterlandverkehr zusätzlich.“

Im Bereich der Infrastruktur wurde bereits 2001 die „Gemeinsame Plattform“ für die gesamte Maritime Wirtschaft verabschiedet. Sie beinhaltet inzwischen 15 prioritäre Maßnahmen zur Förderung der seewärtigen Zufahrten und Hinterlandanbindungen der Hafenstandorte. Diese Projekte wurden sogar in einer Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung bestätigt und in die Neufassung des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen. Die Umsetzung soll in der Zeitschiene von 2004 bis 2010 erfolgen. Obwohl aber die Abarbeitung dieser Projekte noch nicht einmal begonnen hat, treten plötzlich neue Maßnahmen wie der Ausbau der Bahnstrecke Dortmund – Köln (Investitionsvolumen 270 Mio. ¤) in den Focus. Manfred Evers: „Bevor man sich neuen Projekten widmet, müssen zunächst die abgewickelt werden, die bereits als vordringlich bestätigt bzw. versprochen sind.“

Dringend notwendig für Schleswig-Holstein sind die Elektrifizierung der Bahnstrecke Hamburg – Lübeck, der sechsstreifige Ausbau der A1 Hamburg – Bremen und der A7 Hamburg – Bordesholm, der vierstreifige Ausbau der Strecke Heiligenhafen – Oldenburg sowie die Substanzerhaltung des Elbe-Lübeck Kanals. „Wenn man sich allein das ständige Hin und Her bei der Elektrifizierung betrachtet, kann einem um die Zukunft der Häfen Angst und Bange werden. Wir erwarten hier endlich ein klares Bekenntnis zum Ausbau. Investitionen in die Anbindung der deutschen Häfen kommen der gesamten Volkswirtschaft zu Gute. Die Häfen erweisen sich zunehmend als Jobmaschinen. Der Güterverkehr über die Ostsee boomt wie noch nie. Der Bund muss die Voraussetzungen schaffen, dass die steigenden Mengen auch optimal abgefertigt und weiter transportiert werden können.“

Sonst besteht die Gefahr, dass Verkehre, die zur Zeit noch in deutschen Häfen abgewickelt werden, ins europäische Ausland abwandern. Trotzdem werden die Vereinbarungen für die Infrastruktur nicht eingehalten noch ist beim ordnungspolitischen Handlungsrahmen überhaupt irgendetwas geschehen. Manfred Evers: „Ohne zügige Umsetzung unserer Forderungen werden die Häfen gegenüber ihren europäischen Mitbewerbern ins Hintertreffen geraten. Auf der dritten NMK in Lübeck wurde uns versprochen, dass die Voraussetzungen zur Verbesserung der Situation der Hafenwirtschaft bis zur vierten Maritimen Konferenz in Bremen vorliegen. Aber in Bremen ist wieder nichts passiert. Die Häfen Schleswig-Holsteins fragen sich inzwischen, ob die Maritime Konferenz zunehmend zu einer Marketing-Veranstaltung der Bundesregierung avanciert. Statt schöner Reden brauchen die Häfen endlich zupackende Lösungen.“